Letzten Freitag bin ich kurz im #zdfmagazinroyale aufgetaucht… und habe grade eine 10-MInuten-Video-Antwort darauf veröffentlicht.
Den Text kann man hier lesen:
Hallo Jan, hallo Caro!
Ja, das ist ja fein, daß ich auch mal kurz mit Euch aufm Schirm aufgetaucht bin!
Bin großer Fan von Euch, regelmäßig höre ich auch „too many tabs“… yeah!
Also, ich will mal kurz ne persönliche Antwort formulieren, ich spreche da nur für mich… im DAV habe ich kein Amt inne, bin nur im social-media-Team und mache die Neumond-Deutungen auf den Kanälen des Deutschen Astrologenverbandes (mal nachgucken! Fast überall zu finden unter @astrologenverband )… deshalb spreche ich also weder für den Verband, noch für andere Mitglieder des Verbandes.
Bei Eurem witzigen Zweifel daran, ob es „auch seriöse Hexenverbrennung“ gäbe, also hier gemeint „seriöse Astrologie“ kommen mir folgende Gedanken:
Den meisten Leuten ist nicht klar, daß „Astrologie“ ein Oberbegriff ist. In meiner Welt ist es genauso sinnvoll, in den Äther hinauszutröten „Romane sind scheisse“, bloß weil ich nur Schundromane erwischt habe… oder die vielleicht gesamte Presse für sowas wie die Bild-Zeitung zu halten.
Der erregte Ausruf von Euch „Astrologie ist Bullshit“ kommt bei mir in derselben Liga an, wie wenn man rufen würde „Philosophie stimmt ja garnicht“ oder „In der Literatur wird ja nur gelogen“.
Also, die Gesamtheit der Astrologie zu verdammen wegen Verfehlungen von Astrologen ist, oder wäre, ein gesellschaftlicher Fehler. Ich denke, genau wegen dieses Fehlers der Verdammnis der Astrologie als Ganzes ist die Allgemeinbildung in Sachen Astrologie so schlecht. Und das wiederum führt in meinen Augen dazu, daß viel mehr Leute als nötig den unseriösen Angeboten von Astrologie zum Opfer fallen.
In einer idealen Welt nach meinem Wunsch würde man, analog zum Verhalten gegenüber Religionen, wo man deren Grundzüge in der Schulbildung auch erklärt bekommt, auch die Grundzüge astrologischen Denkens in der Schule erklärt bekommen.
Die Erwartungen und Meinungen über mögliche Benefits und das Wissen über die Grenzen der Astrologie wären dann für jeden Menschen klarer.
Dann würde eventuell als Analogie dazu, wie das Wort „Religion“ sich zum Wort „Sekte“ verhält, auch vom Laien besser zwischen seriöser und unseriöser Astrologie unterschieden werden können.
Ich würde die Definition darüber, was Astrologie ist, noch ein bisschen breiter fassen, als der liebe Adorno das sagte… „Die Astrologen“ als gesamte Gruppe haben in meinen Augen gemeinsam, daß sie die Zeit, also bestimmte Zeitpunkte und bestimmte Zeiträume nicht für ein leeres Blatt Papier halten, sondern sie halten es für gegeben, daß bestimmte Zeiträume und Zeitpunkte mit bestimmten Themen gefüllt sind… daß sozusagen auf dem leeren Blatt Papier schon ein Hintergrund vorgemalt wurde, bevor wir unseren eigenen Pinselstrich hinzufügen.
„Die Astrologie“ als Ganzes bestünde also darin, daß man sagt: Zeit ist keine beliebig leere Spielfläche, sondern es gibt Zeitqualitäten, die man erkennen und beschreiben kann.
Der Beginn von etwas oder von jemandem wäre die Zeitqualität, die derjenige oder dasjenige als Signatur immer bei sich trägt. (Das wäre dann ja die Begründung für Geburtshoroskope. )
Wie genau man diese Zeitqualitäten beschreibt und errechnet, das unterscheidet sich immens, je nach der Art und Tradition der jeweiligen Astrologie, je nach verwendeter Technik, ja, meist sogar sehr erheblich von Astrologe zu Astrologe.
Deshalb ist für mich klar, daß Astrologie nicht im modernen Sinne zu den Wissenschaften gehört, wie Physik oder Chemie, wo es überall reproduzierbare gleiche Ergebnisse geben muss.
(An der Stelle gibt es viele andere Astrologen, die gern am Wort „Wissenschaft“ für die Astrologie festhalten wollen… die seriösen darunter wissen aber sehr wohl darüber, daß wir uns bei Astrologie mehr im Raum der Ansichten und Meinungen befinden, als im Bereich der im naturwissenschaftlichen Sinn „beweisbaren Fakten“. )
Auch, daß diese Meinungen und Ansichten zum Teil seit Jahrhunderten zusammen getragen wurden, ändert nichts an diesem Umstand.
Für mich ist Astrologie ähnlicher der Musik, wo eine bestimmte notierte Melodie zum Beispiel sehr anders klingt, je nachdem, welcher Musiker sie mit welchem Instrument interpretiert… und wo die jeweilige Musik den einen Menschen so richtig trifft und bewegt, während das selbe Lied einen anderen Menschen völlig kalt lässt.
Die Wissenschaft der beweisbaren Fakten ist sehr gut für die Lebensbereiche geeignet, wo wir alle gleich sind, wo wir alle im Raum der gleichen Naturgesetze agieren.
Für mich beginnt der Wert der Astrologie aber genau dort, wo wir eben nicht alle gleich sind. An den Stellen, wo die Beschreibung der Welt mit beweisbaren Fakten für uns Menschen nicht ausreicht.
In sofern lagt Ihr mit dem Ausdruck „Ersatzreligion“ in meinen Augen schon garnicht so falsch, weil für mich der Wert von moderner Astrologie eben dort liegen müßte, wo Kunst, wo Musik, Philosophie, wo eine Weltsicht, eine Ansicht über das Leben eine Rolle spielt oder Geschichten, die wir uns erzählen, um unser Leben mehr zu begreifen.
Wenn man so tut, als sei Astrologie eine Wissenschaft wie Physik oder Chemie wird man in meiner Sicht immer zu schlechten Ergebnissen kommen.
Wenn man ihr begegnet wie eine Kunstform, in der man sich wiedererkennt, wie eine Musik, die die eigenen inneren Saiten zum schwingen bringen kann, wie eine Geschichte, deren Essenz einen im Leben weiter bringen kann, wird man ihr eher gerecht…. allerdings zeigt sich auch häufig, dass man durch die regelhafte Gebundenheit an bestimmte Zeitpunkte bei Astrologie meist nicht so lange ausprobieren muss, bis man etwas findet, wo man den Widerhall der eigenen Persönlichkeit in der Welt spürt.
Das sagen auch viele Psychologen, die Astrologie betreiben… Astrologie sei nie die Therapie, aber sie verkürze die Zeit der Anamnese um ein Vielfaches, weil bestimmte astrologische Faktoren bestimmte Problemstellungen nahe legen. Man komme einfach mit Astrologie als Psychologe viel schneller dazu, die passenderen Fragen zu stellen.
Hierbei ist natürlich vorausgesetzt, daß nur ein vollständiges Geburtsbild mit viel viel mehr Faktoren als nur dem Sonnenstand als Gedankengrundlage dienen muss. Die Würfelzucker- und Fernsehzeitungen-Astrologie mit zwölf Kapitelchen a drei Sätzen kann als nettes Gesellschaftsspiel angesehen werden… in jedem Fall zeigt die gewählte Grobheit des Rasters schon, daß das Ergebnis viel zu grob sein muss…
…wenn der geneigte Psychologe also nur den Sonnenstand („Du bist Fische, Jan“) als Arbeitsgrundlage hernähme, wäre mir persönlich das zu grob, um das Ganze „seriös“ zu nennen.
Und weil es für den Laien eben sehr schwer zu beurteilen ist, trotz Überangebot mit wilden Marktschreier-Angeboten für Astrologie etwas mit fundiertem Hintergrund zu finden, ist der Astrologenverband eine gute Einstiegsstelle, um Kollegen mit einem Mindestmaß an Seriösität zu finden.
Daß überall Fehler passieren können, versteht sich von selbst.
Dass z.B. Astro-medizinische Aussagen in einer anderen Liga spielen, als die medizinischen Diagnosen von Ärzten, sollte in jedem Fall durch die jeweiligen AstrologInnen deutlich gemacht werden.
Daß das Finden von einem guten OP-Termin mit astrologischen Mitteln voraussetzt, daß man sich zunächst erstmal in der realistischen Situation befindet, tatsächlich zwischen mehreren Zeitpunkten frei wählen zu können, versteht sich fast von selbst. Wenn Sachzwänge ein bestimmtes Datum vorschreiben, dann lässt man vielleicht nicht von AstrologInnen ein anderes Datum aussuchen.
Mit mehr Allgemeinwissen und Bildung über Astrologie wäre jedem Menschen klar, daß astro-medizinische Deutungen in einer anderen Kategorie zu verstehen sind, als ärztliche Diagnosen.
Ich finde gut, wenn medizinische Expertise und astrologisches Wissen von Fachleuten zusammen gedacht werden. Es bietet für die einzelnen ÄrztInnen die Möglichkeit, breiter aufgestellt die richtige Lösung für Ihre PatientInnen zu finden.
… und nur, weil die Euch von den AstrologInnen gegebenen Begründungen wie Fachchinesisch klingen, bedeutet das ja nicht, daß sie irrelevant wären.
Du fragst AstrologInnen nach guten Zeitpunkten für OPs, dann wirst Du eventuell auch astrologische Begründungen für Ihre Ansichten hören… und nur, weil Du den Begriff „kosmische Spalte“ noch nie gehört hast, kommt er Dir halt komisch vor… so, what… das ist bei vielerart Fachbegriffen so.
In großen Teilen zeigt Eure Sendung ja auch tatsächlich unseriöse oder flappsige Verwendungen von Astrologie, die ich auch blöd finde… in sofern kann ich auch Gemeinsamkeiten zwischen unseren Zielen finden.
In meiner Sicht hätte man auch noch horrenderen Blödsinn unter der Überschrift Astrologie finden können… naja.
Für mich wäre das Weglassen von Astrologie im täglichen Gebrauch so ähnlich, als würde ich keinen Wetterbericht mehr angucken, bevor ich raus gehe… das ginge auch, aber ich nehme halt gern n Schirm mit, wenn Regen angesagt ist.
Ausserdem bietet meine eigene Deutung mit Astrologie mir eine Art Benutzerhandbuch für mich selbst, das ich nicht mehr missen möchte.
Auch alleine die Beschäftigung mit dem Tierkreis und den thematischen Beziehungen der zwölf Zeichen untereinander hat für mich schon auf rein philosophischer Ebene Wert als Lebens-Wissen.
Für mich ist Euer undifferenzierter Ruf „Astrologie ist Bullshit“ eher in der Kategorie „Hexenverbrennung“ zu finden, als die Astrologie selber…
Für mich ist das ein uninformiertes, undifferenziertes „Kind mit dem Bade ausschütten“.
Naja, vielleicht sind ja die löblichen Volkshochschulen, die Astrologie-Kurse anbieten nur der gute Anfang… und irgendwann ziehen vielleicht Schulen und Universitäten nach und unterrichten kommende Generationen genauso über Astrologie, wie sie heute schon über Philosophie, Religion und Literatur unterrichten…. und dann wüsste jeder:
Jaaaa, es gibt seriöse Astrologie!